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Interview mit Klimaexperte Marcus Wadsak

Sep 5, 2020

Foto Credit: Anna Stöcher

ORF-Wetterchef Marcus Wadsak fordert klare Ansagen und Aktionen von Entscheidungsträgern und Regierungen, denn: Wir müssen im Kampf gegen die Klimakrise viel ambitionierter handeln als bisher.

Laut Ihrem Buch waren die letzten 6 Jahre die wärmsten weltweit. Sind wir schon mitten in der Klimaerwärmung?

der Klimawandel ist da und er ist deutlich spürbar. Die Erwärmung in Österreich ist stärker als im globalen Mittel, die Auswirkungen spürbar.

Seit 2000 war jedes Jahr wärmer als im langjährigen Mittel. Das heißt Menschen, die heute 20 Jahre alt sind, haben noch kein Jahr mit ‚normalen Temperaturen‘ in Österreich erlebt. Für junge Menschen ist das Extrem bereits das neue Normal geworden.

 

Warum sind die nächsten Jahre so entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise?

Wir müssen sofort und viel ambitionierter Handeln als bisher. Wir haben bereits einen Punkt erreicht an dem wir die Erwärmung nicht mehr umkehren können. Wir müssen Sie aber bremsen, denn sonst überschreiten wir sogenannte Kipppunkte, ab denen die Erwärmung sich selbst verstärkt und immer mehr beschleunigt – das wäre verehrend. Wir müssen alles unternehmen um die globale Erwärmung bei 1,5°C einzubremsen, nur das garantiert uns, dass sich unser Klima noch einmal stabilisieren kann.

 

Welche Maßnahmen braucht es? Ist es sinnvoll auf E-Autos umzusteigen? Und bringt die Reduktion von Fleischkonsum wirklich was? Was kann ich tun, damit die Klimaziele erreicht werden?

Es braucht alles. Klare Ansagen und Aktionen von Entscheidungsträgern und Regierungen. Es braucht ein Umdenken in der Wirtschaft und es braucht uns alle. Jeder kann und muss seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dazu wäre es derzeit auch sinnvoll von einem Benzin- oder Diesel PKW auf ein E-Auto umzusteigen. Noch viel besser wäre es aber hier auf die Öffis zu setzen, mehr Rad zu fahren oder zu Fuss gehen soweit das möglich ist. Auch die Reduktion von Fleischkonsum tut nicht nur unsere Figur gut sondern auch dem Klima – die Massentiefhaltung und auch der Transport von Fleisch sorgen für große Emissionen von Treibhausgasen. Was wir alle für uns überdenken müssen ist unsere Energie-Nutzung, unsere Mobilität, unsere Ernährung und unseren Konsum…. Das sind die Dinge wo jede und jeder seinen Beitrag leisten kann. Meist sogar mit einem Gewinn an Komfort oder Lebensqualität.

 

Und was kann die Politik und die Wirtschaft dazu beitragen?

Die Politik muss die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Öffis müssen günstiger sein und von überall aus nutzbar sein. CO2-Ausstoss muss einen Preis bekommen. Die Österreichische Regierung will bereits im Jahr 2040 klimaneutral sein, das sind nur noch 20 Jahre – hier ist viel zu tun.

 

Sehen Sie in der Coronakrise eine Change für eine nachhaltigere Zukunft oder glauben Sie, dass sie die Diskussion um den Klimawandel verdrängt hat?

Weder noch. Die Corona-Krise hat im schärfsten LockDown die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr an manchen Tagen um maximal 17% verringert. Das heißt, selbst in der Zeit, von der viele das Gefühl haben, dass alles gestanden ist, haben wir 83% der Treibhausgase weiterhin ausgestoßen. Und gleich danach ging es so rasch wie nur irgendwie möglich zurück zum Alten. So werden wir bei den Herausforderungen der Klimakrise scheitern.

Es braucht nicht kurzfristige Einschränkungen sondern eine nachhaltige Änderung unserer Gewohnheiten. Noch können wir es schaffen.